„Was ist unsere Rolle in diesem Dilemma?“

Sr. Ida Haurand war als Delegierte von VIVAT international auf der Weltklimakonferenz. Was von der Konferenz für sie persönlich geblieben ist und welche Rolle die Kirchen für sie bei der Umsetzung spielen könnten, beschreibt sie hier.

Sr. Ida Haurand nahm als Delegierte an der diesjährigen Klimakonferenz in Glasgow teil.

Die Klimakonferenz (COP26) ist seit über zwei Wochen vorbei und die pink-grünen „Net-Zero-COP26“-Elektrobusse mit den grauen Ledersitzen, die während der Klimakonferenz zwischen der Blue-Zone und der Innenstadt pendelten, fahren nun als Linienbusse zwischen Paisly und Glasgow. Mit etwas Abstand stellt sich mir die Frage, ob Greta Thunberg mit ihrer Aussage, dass alles nur „bla, bla, bla“ ist, wohl recht hatte.

„May I just say to all delegates I apologize for the way this process has unfolded and I am deeply sorry." Der Präsident der COP26 Alok Sharma sagte diesen Satz zu Beginn seines Abschlussstatements. Wenn der Präsident der Klimakonferenz sich nahezu unter Tränen bei den Delegierten entschuldigt, dann ist irgendwas nicht so gelaufen, wie er es sich als Gastgeber gewünscht hatte. Die Frustration war besonders bei den Inselstaaten zu spüren. Die Umweltministerin der Malediven kommentierte: „Der Unterschied zwischen 1,5 Grad und 2 Grad ist ein Todesurteil für uns.“

Ob die diesjährige Klimakonferenz zu tatsächlichen Paradigmenwechsel geführt hat, ist offen. Einige „Commitments“ und Allianzen könnten, wenn sie tatsächlich eingehalten werden, in die richtige Richtung zeigen.

Ich habe mich etwas hin- und hergerissen gefühlt. Einerseits die eigene Machtlosigkeit, die sogar der Präsident der COP26 so emotional auf den Punkt gebracht hat. Andererseits das Wissen, dass es wenig Sinn macht, sich vor den Problemen wegzuducken und in eine Mischung aus Depressionen und Selbstmittleid zu verfallen.

Alles was auf der COP26 beschlossen wurde, ist zu wenig um (noch) größeren Schaden zu verhindern. Ich lebe auf Kosten anderer Menschen und durch meinen Lebensstil trage ich dazu bei, dass Menschen auf der weniger privilegierten Seite dieser Erde um ihre Lebensgrundlage fürchten müssen. Soweit die Fakten. Leider gibt es da nichts zu relativieren oder zu beschönigen.

Ich frage mich, was unsere Rolle als Christ*innen in diesem Dilemma ist. Als „Global Player“ hätten die Kirchen gute Voraussetzungen, Vorreiterinnen in Umweltschutz und Klimagerechtigkeit zu sein. Die Enzyklika Laudato Si ist eine hervorragende Grundlage. Viele Christ*innen setzen sich bereits für eine Transformation ein. Trotzdem, von einer Vorreiterrolle sind wir weit entfernt. Zumindest im Globalen Norden.

Aber gerade jetzt im Advent, mit dem Blick auf Weihnachten, empfinde ich große Hoffnung. Die Verschiebung von Macht, von alten Strukturen, hin auf ein verletzliches Kind, das zum Retter wird, eröffnet neue Perspektiven und erfordert ein Umdenken. Das gibt mir Mut und „wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“ (Martin Luther).

Sr. Ida Haurand SSpS

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