Oberdischingen: "Es ist Zeit auf Wiedersehen zu sagen"

Fast 95 Jahren sind vergangen, seitdem die ersten Steyler Missionsschwestern nach Oberdischingen kamen. Am 21. April 2024 wurde nun Abschied gefeiert. Im Mittelpunkt standen die vier Schwestern, die bis zum Schluss im Altenheim St. Hildegard gelebt und gearbeitet haben. Aber nicht nur sie: Es war vor allem die große Dankbarkeit für das gegenseitige Miteinander in diesen Jahrzehnten.

Foto: Jürgen Emmenlauer

Die letzten Vier in Oberdischingen (v.l.): Sr. Gertrud Bucher, Sr. Brunoldis Mack, Sr. Cordialis Gebele und Sr. Maria Lucie Blessing

Beim Einzug in die voll besetzte Pfarrkirche von Oberdischingen war bereits die besondere Atmosphäre zu spüren, die sich über den ganzen Festtag zog. Die Kirchenbänke waren besetzt mit Bewohner*innen und Mitarbeitenden des Altenheims St. Hildegard, vielen Weggefährt*innen der letzten Jahrzehnte, der Gemeinde und einer großen Abordnung der Schwestern aus Laupheim, von denen viele ebenfalls in Oberdischingen gewirkt hatten.

Sr. Cordialis Gebele (87) , Sr. Maria Lucie Blessing (83), Sr. Brunoldis Mack (83) und Sr. Gertrud Bucher (82) hatten den Gottesdienst gemeinsam mit Pfarrer Martin Danner vorbereitet: „Sie, liebe Steyler Missionsschwestern, haben zum Aufbau des Reiches Gottes beigetragen, Sie haben für viele Menschen die Vaterunser-Bitte ‚Dein Reich komme‘, erfahrbar gemacht“, sagte Pfarrer Danner in seinen einleitenden Worten und erinnerte an die vielen Schwestern, die in den 95 Jahren in Oberdischingen ihre Mission gelebt hatten.

Oberdischingen war das Ausbildungszentrum des Ordens in Süddeutschland. Im Herbst 1929 traten neun Aspirantinnen aus Baden, Württemberg und Bayern ein. Am 08.06.1930 wurden neun Postulantinnen eingekleidet. Die schweren Kriegsjahre brachten wie an so vielen Orten einen Einschnitt, aber gemeinsam mit der Gemeinde packten die Schwestern an und ließen das Kloster mit der Landwirtschaft wieder aufleben. Ein Brand im Jahr 1969 stellte die Schwestern wieder vor einen Neubeginn. Aber auch an diesem wurde mit Eifer gearbeitet.

Die Schwestern wirkten bis zuletzt in der Näherei und Küche des Altenheims, in der Sakristei, im Garten und vor allem in der Seelsorge: Die Bewohner*innen, Mitarbeitenden und Angehörigen fanden bei den Schwestern immer ein offenes Ohr. „Die Missionsschwestern sind die guten Seelen des Hauses, die zum liebevollen Umgangston und der herzlichen Atmosphäre in unserem Altenheim beitragen“, sagte Christian Meiborg, der Direktor des Altenheims St. Hildegard.

Das gute Miteinander betonte auch Sr. Maria Theresia Hörnemann, Leiterin der deutschen Provinz der Steyler Missionsschwestern, in ihrem Grußwort: „Beim Lesen der Chronik ist mir aufgefallen, dass von Anfang an bei allen Feiern, Arbeiten und Schwierigkeiten, bei den Profess- und Jubiläumsfeiern immer erwähnt wird, dass die Bevölkerung regen Anteil genommen hat. Ich glaube, das ist ein Kennzeichen unseres Wirkens hier in Oberdischingen: die enge Zusammenarbeit, das gute Miteinander der Schwestern mit der Bevölkerung. Das habe ich immer wieder auch von Mitschwestern gehört, die hier gelebt und gearbeitet haben, wie sehr sie hier mit der kirchlichen und politischen Gemeinde und von hier aus mit der Welt verbunden waren. Ich möchte deshalb an diesem Tag den Schwestern und den Menschen von Oberdischingen und Umgebung von Herzen danken für dieses Zusammenwirken, das reiche Früchte getragen hat für alle Beteiligten.“

Wie sehr der Ort Oberdischingen und die Missionsschwestern miteinander verbunden sind,  zeigte auch der Vortrag von Werner Kreitmeier, dem stellvertretende Bürgermeister, der einen geschichtlichen Rückblick über das Leben und Wirken des Ordens in Oberdischingen präsentierte.

Im Anschluss an die Messe wurden die Schwestern gleich mehrfach überrascht: Der örtliche Bäcker hatte den Schwestern als Geschenk eine besondere Torte gebacken, die Musikkapelle Oberdischingen brachte ein Ständchen und Heimdirektor Christian Meiborg überreichte Blumen. Die größte Freude hatten die Schwestern allerdings an vier „leeren“ Stühlen: Beim Umtrunk im Altenheim hatten die Schwestern vier „Plauderstühle“ gegenüber ihren Ehrenplätzen, auf die sich die Gäste abwechselnd setzen konnten, um sich zu unterhalten, Wiedersehen zu feiern oder in persönlichen Gesprächen Abschied zu nehmen. Eine wunderbare Idee, die zu vielen schönen Begegnungen führte.

Ein paar Wochen bleiben Sr. Cordialis Gebele, Sr. Maria Lucie Blessing, Sr. Brunoldis Mack und Sr. Gertrud Bucher noch in St. Hildegard, bevor sie Ende Mai in das neue Haus in Laupheim einziehen werden. Dann heißt es, endgültig Abschied zu nehmen. Aber die Erinnerungen an diesen Tag und an die 95 Jahren bleiben – in den Köpfen und besonders den Herzen.

Steffi Mager

Hier können Sie sich eine pdf mit der Historie von Oberdischingen herunterladen.

Fotonachweis des Aufmacherfotos: Jürgen Emmenlauer

 

Schauen Sie sich hier eine Fotoserie des Festtages an:

Beim feierlichen Einzug in die Pfarrkirche
Pfarrer Martin Danner bei der Begrüßung
Sr. Maria Lucie Blessing bei der Lesung
Provinzleiterin Sr. Maria Theresia Hörnemann sprach im Namen der ganzen Provinz ein Grußwort
Die Landwirtschaft in Oberdischingen war eines der Herzstücke
Beim Brand 1969 konnten die Schwestern auf die Hilfe der Nachbarn zählen
Vom Direktor des Altenheims gab es Blumen
Eine fröhliche und dankbare Atmosphäre zog sich über den ganzen Tag
Der örtliche Bäcker überreichte diese Torte als Geschenk
Die vier Schwestern vor den "leeren" Stühlen, auf denen Gäste sich zum Abschiednehmen hocken konnten