"Gebet - hilft Gott mir wirklich, wenn ich bete?"

Zum Einkehrwochenende vom 08.03 - 10.03.2019 kamen 13 TeilnehmerInnen nach Steyl, um sich mit dem Thema "Gebet - hilft Gott mir wirklich, wenn ich bete?" auseinanderzusetzen.

In ihrer Einführung zum Thema erläuterte Schwester Radegundis, die Leiterin der Tage, dass der Mensch als einziges Lebewesen beten kann. Der Mensch hat eine Ahnung, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gibt als wir denken, wir alle leben durch und aus dem ewigen Plan Gottes. Je mehr der Mensch erkennt, dass Gott uns liebt, umso mehr finden wir den Sinn unseres Lebens. Durch das Gebet lerne ich Gott kennen und erkenne, dass das Leben nicht selbstverständlich ist.

Die Apostel baten Jesus, er möge sie beten lehren. Was muss von Jesus ausgegangen sein, dass die Jünger eine solche Bitte äußerten? Weiter erläuterte Schwester Radegundis: Menschen, die in sich selbst ruhen, haben ein geordnetes, gepflegtes Gebetsleben und Ausstrahlung. Durch das Gebet entsteht eine enge Beziehung zu Gott und Jesus.

Unser Gebet ist von unserer eigenen inneren Verfassung geprägt. So kann das Gebet ein Klage-, Bitt- oder Lobgebet sein, das persönliche Gebet soll ein Gespräch mit einem guten Freund sein. Offenheit und Vertrauen bestimmen das Gebet. Der Betende soll sich der Gegenwart Gottes bewusst sein und im Schweigen und in der Stille Gott begegnen. Wir dürfen den unbegreiflichen Gott als Vater ansprechen. Weiterhin erklärte Schwester Radegundis, dass, wenn wir beten, ein Verwandlungsprozess stattfinden kann. Wir kommen zu einer empfangenden Grundhaltung und öffnen uns für Gott und das Göttliche. Der Gott, zu dem wir beten, ist der Gott, der in uns betet. Das Gebet ist eine ICH-DU-Beziehung. Durch das Du komme ich zu meinem wahren Ich. Somit wandelt das Gebet mich auf Gott hin. Das Gebet will uns zur Freiheit befreien, und wir erkennen Gottes Gegenwart als sprudelnde Quelle in uns.

Werde ich in meinem Gebet erhört? Oder was bringt das Gebet, wenn mich Gott doch scheinbar nicht erhört; gibt es einen gerechten Gott? Diese Frage beschäftigte die TeilnehmerInnen genauso wie der Satz: Wer seine Mitmenschen ausnutzt oder betrügt, will Gott sich unterordnen.

Schwester Radegundis erwähnte mehrmals, dass Gott uns treu bleibt. Gott kann sich nicht selbst untreu werden. Solange wir unseren Blick auf Gott gerichtet haben, können wir auf Gott zugehen, und er kann uns an sich ziehen. Betende Menschen verändern die Welt.

Am Samstagnachmittag erarbeitete sich die Gruppe das neue Hungertuch, das der Künstler Uwe Appold geschaffen hat. Es trägt den Titel: "Mensch, wo bist du?" Das Hungertuch hat mit der Weltgeschichte zu tun - wie gehen wir mit Hass, mit Gleichgültigkeit oder mit den Umweltproblemen um? Es lädt uns zu einer Neuausrichtung auf Gott und seine Schöpfung ein. Der arbeitsreiche, aber sehr interessante Samstag wurde durch eine Vesper beendet. Nach dem Abendessen traf sich die Gruppe in froher Runde, und es wurde manche Erfahrung über das Gebet und Gottes Barmherzigkeit und Langmut ausgetauscht, aber auch einige lustige, kurzweilige Sketche vorgelesen.

Der Sonntag begann mit der Laudes und Eucharistiefeier mit den Schwestern. Nach dem Frühstück beschäftigten wir uns weiter mit dem Gebet. Schwester Radegundis erklärte den TeilnehmerInnen, dass wir - gleich den Jüngern - bei Jesus das Gebet erlernen sollen. Jesus lehrt uns: "Man soll beim Beten nicht viele Worte machen, oder aber, wenn du betest, geh in deine innere Kammer, schließe die Tür und bete zum Vater, der im Verborgenen ist." Vielleicht können wir uns in dieser Fastenzeit mal 15 Minuten Zeit gönnen, um still zu werden und Gott unser Leben anvertrauen.

Im Vaterunser zeigt Jesus uns, wie das persönliche Gebet aussehen kann. Jesus gibt uns eine klare Gliederung:
Vater unser im Himmel   ---   das ist die Einleitung, die Begrüßung sozusagen;
Dein Name werde geheiligt   ---   das Herzstück;
Dein Reich komme, Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden   ---   Hier erbitten wir Gottes Eingreifen;
Unser tägliches Brot gib uns heute   ---   um Gottes Vorsehung beten;
Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern   ---   Hier erleben wir im Gebet Vergebung;
Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen   ---   erbittet sich der Betende den geistlichen Schutz vor dem Bösen;
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.   ---   Das ist der Abschluss.

Ich darf der Gruppe danken für die ehrlichen und offenen bzw. vertrauensvollen Gespräche, die manches Mal sehr tief gingen und bewegten. Danken möchte ich Schwester Radegundis für die hervorragende Ausarbeitung des Themas, aber auch gleichzeitig dem ganzen Haus, in dem man sich frei, willkommen und angenommen fühlt.

Endlich möchte ich die Frage betonen: Hilft Gott mir wirklich, wenn ich bete? Diese Frage muss jede/r für sich selbst beantworten. Wenn ich aber ehrlich meine persönliche Lebenssituation betrachte, stelle ich immer wieder fest: das Gebet trägt und lenkt mich auf Gott hin und gibt meinem Leben eine feste Struktur und Sinn aus dem Glauben heraus.

Jürgen Strebel